Vitale Ökosysteme
Vitale Ökosysteme bewegen sich in einem Funktionstüchtigkeitsfenster, dass auch Vitalitätsfenster genannt wird.
Eine wissenschaftliche Arbeit für die World Academy of Arts and
Sciences (WAAS) Hyderabad, Indien von Bernard Lietaer mit Dr. Robert
Ulanowicz & Dr. Sally Goerner
Welche positiven Entwicklungen sind erkennbar?Die fortlaufende Finanzkrise ist nicht das Ergebnis eines zyklisch
auftretenden oder betriebswirtschaftlichen Versagens, sondern
strukturell bedingt. Diese Aussage wird unter anderem dadurch belegt,
dass es im Laufe der vergangenen 20 Jahre bereits mehr als 96 bedeutende
Bankenkrisen gegeben hat und dass solche Pleiten auch in verschiedenen
Kontrollsystemen und Stadien der wirtschaftlichen Entwicklung passiert
sind. Wir müssen dringend bessere Lösungen finden, denn als wir dem
letzten Zusammenbruch dieses Ausmaßes gegenüber standen - der
Weltwirtschaftskrise der 1930-er Jahre - führte dies zu einer Welle des
Faschismus und zum zweiten Weltkrieg. Doch die bisher angewendeten
üblichen Lösungen – Verstaatlichung der Problem-Aktiva (wie im
ursprünglichen Paulson-Rettungsplan) oder Verstaatlichung der Banken
(wie in Europa) – behandeln nur die Symptome, nicht die grundlegende
Ursache der derzeitigen Bankenkrise. Auch wird die Neuregulierung des
Finanzsektors, die alle auf ihrer politischen Agenda haben, im besten
Fall die Häufigkeit solcher Krisen reduzieren, nicht aber ihr erneutes
Auftreten verhindern. Die gute NachrichtEs stehen nun eine systemische Betrachtungsweise und eine fachgerechte
Lösung zur Verfügung, die aus solchen Pleiten ein Phänomen der
Vergangenheit machen würde.
Durch einen kürzlich erfolgten wissenschaftlichen Durchbruch, der das
Konzept ausbalancierter, strukturell intakter und gut funktionierender
Ökosystemen erklärt, lässt sich nun belegen, dass alle komplexen Systeme
– einschließlich der monetären und finanziellen – strukturell instabil
werden, sobald die Produktivität überbetont wird auf Kosten von Vielfalt
und Vernetzung sowie der entscheidenden Widerstandsfähigkeit, die diese
bieten. Das überraschend Grundlegende und Anwendbare dieser Erkenntnis
liegt darin, dass es zu nachhaltigem Wohlstand gehört, Vielfalt auch in
unsere Währungen und dazugehörigen Institutionen zu bringen, und damit
die Verfügbarkeit von Geld in seiner wesentlichen Funktion als
Tauschmittel zu erhöhen, statt als Mittel zum Sparen und für
Spekulation. Zudem sind diese Währungen speziell so gestaltet, dass sie
andernfalls ungenutzte Ressourcen mit unbefriedigten Bedürfnissen
innerhalb einer Gemeinschaft, einer Region oder eines Landes verbinden.
Diese Währungen werden als „ergänzend“ bezeichnet, weil sie das national
gebräuchliche Geld nicht ersetzen, sondern vielmehr parallel dazu
benutzt werden.Der effektivste Weg für Regierungen, eine solche Strategie
vielfältiger und nachhaltiger finanzieller Ökologie zu unterstützen,
besteht darin, sorgfältig ausgewählte, solide Komplementärwährungen -
während des Zeitraums, in welchem die Banken die reale Wirtschaft nicht
mehr voll finanzieren können - als Zahlungsmittel für einen Teil der
Steuern zu akzeptieren. Die Entscheidung darüber, welche
Komplementärwährung akzeptiert werden sollte, hat sowohl eine fachliche
Seite (Robustheit und Widerstandsfähigkeit gegen Fälschung) als auch
eine politische (welche Aktivitäten werden als unterstützenswert
angesehen). Wir empfehlen als besten Anwärter für diese Rolle eine
professionell geführte Business-to-Business (B2B) Komplementärwährung
nach dem Model des WIR2 Systems, das seit 75 Jahren erfolgreich in der
Schweiz praktiziert wird und ein Viertel der Betriebe des Landes
einbindet. Dieses System wurde in einer amerikanischen ökonometrischen
Analyse als wesentlicher antizyklischer und stabilisierender Faktor für
die sprichwörtliche Stabilität der Schweizer Wirtschaft gewürdigt.
Diese Arbeit beginnt mit einer kurzen metaphorischen Geschichte gefolgt von sieben Abschnitten.
- Die Krise von 2008
- Warum sollte man die Banken retten?
- Neuregulierung des Finanzsektors
- Übliche Lösungen: Verstaatlichungen
- Verstaatlichung von „faulen Krediten“
- Verstaatlichung von Banken
- Ungelöste Probleme
- Verstaatlichung der Geldschöpfung
- Systemische Stabilität und wirtschaftlicher Wohlstand
- Jenseits der Schuldzuweisungen
- Die Stabilität und nachhaltiger Wohlstand in ökonomischen Flusssystemen
- Übertragbarkeit auf andere komplexe Systeme
- Übertragbarkeit auf Finanzsysteme
- Die systemische Lösung
- Unser Vorschlag
- Die Privatwirtschaft: Noch eine Geschichte
- Staatsregierungen
- Städte und Gemeinderegierungen
- Einige praktische Überlegungen
- Antworten auf einige Einwände
- Einige Vorteile
- Schlussfolgerung: Hypothetische Aufstellung der Wahlmöglichkeiten
|